05.10.2023

Entlang der Pappelallee in den Ortsteilen Niederlungwitz und Reinholdshain sollen demnächst neun riesige Windkraftanlagen entstehen. Der Stadtrat von Glauchau soll sich am Donnerstagabend zum umstrittenen Vorhaben bekennen.

 


Stadtrat ist gefordert

Diskutiert wird über das Vorhaben schon ein paar Monate. Am Donnerstag wird sich der Glauchauer Stadtrat damit beschäftigen: Entlang der Pappelallee, auf den Territorien der Ortsteile Niederlungwitz und Reinholdshain, sollen insgesamt neun Windräder gebaut und betrieben werden. Dabei handelt es sich um Anlage der neuen Generation. Die Nabenhöhe soll bei jedem der neun Windräder 169 Meter betragen. Der Rotordurchmesser ist nur geringfügig kleiner, nämlich 162 Meter. Die Gesamthöhe liegt pro Anlage bei knapp 250 Metern. Für das Vorhaben läuft derzeit das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Und im Zuge dessen soll die Stadt Glauchau ihr „gemeindliches Einvernehmen“ erklären. Eine entsprechende Beschlussvorlage liegt den Stadträten, die sich am Donnerstag um 18.30 Uhr im Ratssaal treffen, vor. Doch was sich auf den ersten Blick wie ein formaler Akt anfühlt, birgt Sprengstoff. Denn das Projekt ist umstritten. Nach Informationen, die der „Freien Presse“ vorliegen, hat dies auch die nichtöffentliche Vorberatung im Technischen Ausschuss Anfang September gezeigt. Und selbst Oberbürgermeister Marcus Steinhart (CDU) fehlt es angesichts der Dimension des Vorhabens an „Maß und Mitte“.

Wie der Stadtrat am Donnerstag entscheidet, bleibt abzuwarten. Dennoch ist der Spielraum, den die Stadt hat, sehr gering. Das „gemeindliche Einvernehmen“, um das es geht, ist notwendig, weil der Windpark im Außenbereich errichtet werden soll. Der Paragraf 35 des Baugesetzbuches sagt, dass das Vorhaben zulässig ist, wenn es der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient. Das heißt im Umkehrschluss, das „gemeindliche Einvernehmen“ kann nur versagt werden, wenn das Vorhaben gemäß Paragraf 35 unzulässig wäre. Die Konsequenz: „Ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde kann im Genehmigungsverfahren ersetzt werden.“ So drückt es Gunnar Heerdegen, verantwortlicher Sachbearbeiter der unteren Bauaufsicht im Rathaus, aus.

Ein weiteres Problem ist die Zeit. Die Stadt wurde Ende Juli schriftlich aufgefordert, sich zum „gemeindlichen Einvernehmen“ zu äußern. Die Frist dafür läuft am 25. September ab. Ende August haben sich die Ortschaftsräte Niederlungwitz und Reinholdshain mit dem Vorhaben nicht öffentlich befasst, eine Woche später der Technische Ausschuss. „Ein Fristversäumnis führt dazu, dass das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt“, so Heerdegen weiter.

Auf der anderen Seite ist der Bau und der Betrieb von Windkraftanlagen mit finanziellen Vorteilen für die betroffenen Kommunen verbunden. Wobei das Geld erst fließt, wenn der zukünftige Windpark Strom produziert. Nach jetzigem Stand der Dinge ist der Baubeginn für Ende 2024 anvisiert. Der künftige Windpark soll nach Angaben der Windkraftanlage Niederlungwitz GmbH und Co. KG etwa 125 Millionen Kilowattstunden im Jahr produzieren. Damit könnte man 41.000 Haushalte mit Strom versorgen.

Das würde gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz etwa 250.000 Euro an jährlicher Ausschüttung an die betroffenen Kommunen bedeuten. Gradmesser zum Aufteilen des Kuchens sind die Flächen der jeweiligen Gemeinde, die sich in einem Radius von 2,5 Kilometern rund um die Windräder befinden. Im konkreten Fall sind Glauchau, Remse, Waldenburg, Callenberg und St. Egidien betroffen, freilich mit unterschiedlich großen Flächen. In dem Radius gehören etwa 71 Prozent zu Glauchau, gefolgt von St. Egidien (18 Prozent), Callenberg (sieben Prozent) sowie Waldenburg und Remse mit je zwei Prozent. Zwar gibt es noch keine ganz genauen Messungen, aber der Betreiber hat auf seiner Internetseite schon mal die ungefähren Beträge genannt, die die Anliegerkommunen pro Jahr bekommen würden. Glauchau bekäme demnach mit etwa 178.000 Euro pro Jahr das größte Stück vom Kuchen ab. St. Egidien würde jährlich etwa 45.000 Euro erhalten, auf Callenberg entfielen etwa 17.500 Euro. Mit jährlich jeweils um die 5000 Euro wären Remse und Waldenburg auch dabei.

 

Erschienen am 21.09.2023 | Von Stefan Stolp
© Copyright Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG

Artikel als PDF lesen