18.03.2023

Verliert mein Grundstück an Wert? Was Anwohner zum Mega-Windpark bei Glauchau wissen wollen

Neun Windräder, jedes fast 250 Meter hoch: Zwischen zwei ländlichen Glauchauer Ortsteilen soll ein neuer, großer Windpark gebaut werden. Bei einer Bürgerversammlung in Reinholdshain mussten sich die Projektverantwortlichen auch unbequemen Fragen stellen.


Die Pläne für den Windpark Niederlungwitz stoßen weiter auf großes Interesse bei der Bevölkerung. Schon Ende kommenden Jahres könnte der Bau von neun Windrädern am Stadtrand von Glauchau beginnen. Die Anlagen mit einer Nabenhöhe von 162 Metern und einer Gesamthöhe von 247 Metern sollen Strom für fast 42.000 Haushalte liefern. Glauchau und seine Ortsteile könnten profitieren, doch die Skepsis bei Teilen der Bevölkerung ist groß. Nach einer ersten Informationsveranstaltung vor einer Woche in Niederlungwitz kamen am Samstag auch in Reinholdshain viele Menschen, um sich über das Projekt zu informieren. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

 

Anwohner befürchten vor allem einen Wertverlust ihrer Wohngrundstücke. Sinkt deren Wiederverkaufswert durch den Windpark nicht rapide?

Stefan Thieme-Czach von der Sächsischen Energieagentur Saena, die die Dialogveranstaltung mitorganisierte, verweist auf eine Studie des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2018, für die Verkaufsangebote ausgewertet wurden. Der Wert eines Hauses in einem Kilometer Entfernung zu einer Windkraftanlage sank danach im Schnitt um 7 Prozent. Eine Studie aus Österreich aus demselben Jahr kommt indes zu dem Ergebnis: Windkraftanlagen haben keinerlei Einfluss auf die Preise, in Windkraftgemeinden mit dynamischer Entwicklung stiegen sie sogar. Jan Greschner von der Firma EAB New Energy aus Großschirma, die den Windpark Niederlungwitz zusammen mit zwei regionalen Partnern plant, verweist zudem auf die Tatsache, dass heute immer mehr Unternehmen auf grünen Strom angewiesen sind. Erneuerbare Energien seien ein Standortfaktor. Seien diese verfügbar und siedelten sich Firmen mit attraktiven Jobs an, dann wirke sich das wertsteigernd auf Immobilien aus.

 

Wie lange wird der Bau dauern?

Laut Investoren 9 bis 12 Monate. Wenn das Genehmigungsverfahren planmäßig verläuft, könnte der Bau Ende 2024, Anfang 2025 beginnen.

 

Wie profitiert die Kommune von den Windrädern?

Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) können die Anrainerkommunen eines Windparks finanziell mit 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde beteiligt werden. Bei einem erwarteten Gesamtstromertrag von jährlich 125 Millionen Kilowattstunden würden für den Windpark Niederlungwitz jährlich etwa 250.000 Euro ausgeschüttet. Den größten Teil bekäme die Stadt Glauchau mit rund 178.000 Euro. Der Rest ginge an St. Egidien, Callenberg, Waldenburg und Remse.

 

Kommt das Geld auch den betroffenen Ortsteilen zugute?

Glauchaus Oberbürgermeister Marcus Steinhart (CDU) verspricht in Reinholdshain: Die 0,2 Cent pro Kilowattstunde werden bei denen ankommen, "die tatsächlich die Last zu tragen haben".

 

Werden sich die Stadtwerke Glauchau an dem Windpark beteiligen?

Das steht noch nicht fest. Es gibt entsprechende Angebote der Investoren. Laut Stadtwerke-Geschäftsführer Torsten Meyer soll darüber womöglich noch in diesem Jahr entschieden werden. Möglich wäre ein direkter Einstieg in die Finanzierung des Windparks oder ein Vertrag über die langfristige Abnahme von Strom aus den Anlagen. Die Stadtwerke wollen grünen Strom anbieten. Derzeit zahlen die Kunden dort mit rund 60 Cent pro Kilowattstunde besonders viel für ihren Strom. Der Preis werde schon bald auf 40 Cent sinken, erwartet der Geschäftsführer. Wegen der schwankenden Marktpreise sei es schwierig abzuwägen, unter welchen Bedingungen sich der Einstieg in ein Windkraftprojekt lohne.

 

Sterben an den Windrädern nicht viele Fledermäuse?

Henry Krenz erstellt in seinem Ingenieurbüro in Dippoldiswalde die Gutachten zum Umwelt- und Naturschutz für den Windpark Niederlungwitz. Er sagt: Die meisten Fledermausarten fliegen nicht in der Höhe der Rotoren moderner Windkraftanlagen. Für die wenigen Arten, die es betrifft, gebe es Sensoren, die gegebenenfalls für Abschaltungen sorgten.

 

Was ist mit Wild am Boden?

In der Bauzeit würden diese Tiere vergrämt, sagt Henry Krenz. In relativ kurzer Zeit nach dem Bau gebe sich das wieder, das hätten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben.

 

Ändert sich das Wetter durch den Windpark?

Viele Studien hätten das untersucht, sagt Jan Greschner von EAB New Energy. Ergebnis: "Windkraftanlagen haben keinen nachgewiesenen Einfluss auf das Mikroklima." Auch nicht auf das globale Wetter, wie Forscher in Leipzig und Jena klarstellen. "Der Atmosphäre ist es eigentlich egal, ob die Bewegungsenergie durch Windturbinen genutzt wird oder ob das durch Bodenreibung verloren geht", sagt Axel Kleidon vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.

 

Bleibt es bei der Größe des Windparks Niederlungwitz - oder wird er vielleicht perspektivisch sogar noch ausgebaut?

Es bleibt bei der Größe, verspricht der Projektierer in Reinholdshain. "Wir garantieren Ihnen das."

 

Erschienen am 18.03.2023 | Von Oliver Hach
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